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Ein Stück Erinnerung zurückgeben

06.12.2021

Das Deutsche Technikmuseum übergibt ein in der NS-Zeit geraubtes Buch an eine Schule in Frankreich / Rückgabe ist Ergebnis der Provenienzforschung im Museum

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Pressemitteilung

Ein Stück Erinnerung zurückgeben
Das Deutsche Technikmuseum übergibt ein in der NS-Zeit geraubtes Buch an eine Schule in Frankreich / Rückgabe ist Ergebnis der Provenienzforschung im Museum

Das Deutsche Technikmuseum in Berlin hat am 7. Dezember ein Buch zurückgegeben, das von deutschen Besatzungstruppen während des Zweiten Weltkriegs in Frankreich geraubt wurde. Die Rückgabe ist das Ergebnis eines vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Forschungsprojekts zur Herkunft der Museumsobjekte im Deutschen Technikmuseum. Zu der Übergabe reiste der Direktor des Museums, Joachim Breuninger, gemeinsam mit dem Team Provenienzforschung des Deutschen Technikmuseums an.

Die Übergabe fand in Pontlevoy statt, einem kleinen Ort in der Nähe von Tours in Frankreich. Dort stand früher eine Mädchenschule, aus deren Schulbibliothek das Buch geraubt worden war. Heute befindet sich an diesem Ort das Lycée Catholique De Pontlevoy. Der Leiter der Schule nahm das Buch im Beisein der Schülerinnen und Schüler entgegen. Die Veranstaltung wurde gemeinsam mit der französischen Kommission für die Entschädigung der Opfer von Enteignungen aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung während der Okkupationszeit (CIVS) durchgeführt. Die CIVS hatte die Suche nach den Erben übernommen und die Übergabe organisiert. Es handelt sich um die erste Rückgabe aus den Sammlungen des Deutschen Technikmuseums.

Ein Stempelaufdruck im Buch gibt Auskunft über seine Herkunft
Zurückgegeben wurde das 1920 erschienene Buch „Le fond de la mer (Der Meeresboden)“ des französischen Meereszoologen Louis Joubin. Das Buch beschreibt die Meere, ihre Bewohner und ihre Nutzung. Ein Stempelaufdruck auf dem Titelblatt des Buches führte das für die Provenienzforschung zuständige Team des Museums nach Frankreich. Der Aufdruck gehört zu der Mädchenschule in Pontlevoy. Wie das Buch von dort nach Berlin kam, verraten alte Zugangsverzeichnisse. Aus ihnen geht hervor, dass der Band 1941 dem Berliner Institut und Museum für Meereskunde von der deutschen Militärverwaltung geschenkt wurde. Dieses war 1900 gegründet worden und besaß eine umfangreiche Forschungsbibliothek. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Museum geschlossen und danach nicht wiedereröffnet. Seine Bestände, die heute der Humboldt-Universität zu Berlin als Rechtsnachfolgerin gehören, wurden später auf unterschiedliche Einrichtungen verteilt. Das Deutsche Technikmuseum verwahrt einzelne Museumsstücke und den Großteil der Bibliothek treuhänderisch, darunter auch dieses Buch.

Pontlevoy wurde 1940 von deutschen Truppen besetzt, die Schulbibliothek geplündert und die Mädchenschule 1942 geschlossen. Der kleine Band zum Meeresgrund ist eines der wenigen erhaltenen Exemplare, das an die Geschichte der alten Schule und an das Schicksal ihrer damaligen Schülerinnen erinnert.

Museumsdirektor Joachim Breuninger sagte bei der Übergabe: „Es ist uns ein großes Anliegen, das Buch und damit ein Stück Erinnerung nach nunmehr 80 Jahren an die Schule in Pontlevoy zurückgeben zu dürfen. Gerade angesichts der Verbrechen der deutschen Besatzungstruppen, ist uns das besonders wichtig. Wir möchten die Schülerinnen und Schüler aus Pontlevoy zu einem Besuch in das Deutsche Technikmuseum in Berlin einladen. Gute und enge Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich sind heute wichtiger denn je. Wir freuen uns, dass wir dazu einen kleinen Beitrag leisten dürfen.“