Alles Zucker!
Technikmuseum
Erwachsene
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Zucker ist mehr als ein Stoff zum Süßen von Kaffee oder Tee. Es gibt nur wenige Dinge auf der Welt, die nicht auf die eine oder andere Weise mit Zucker zu tun haben. Entdecken Sie in unserer Dauerausstellung „Alles Zucker! Nahrung – Werkstoff – Energie“ die spannende Geschichte dieses Biomoleküls!
Mit der Ausstellung „Alles Zucker!“ hat das Zucker-Museum, das 1904 im Institut für Zuckerindustrie in Berlin-Wedding seinen Anfang nahm, im Deutschen Technikmuseum eine neue Heimat gefunden. Sie bietet ein faszinierendes Panorama zuckriger Möglichkeiten und der gesellschaftlichen Veränderungen, die sie in Gang gesetzt haben. Die „Königin der Feldfrüchte“, die Zuckerrübe, steht für eine agrarindustrielle Revolution der Vergangenheit. Die neuen Technologien zur Nutzung von Zuckermolekülen als Energiespeicher, Bioreaktoren oder Baustoffe für alles, was der 3D-Drucker herstellen kann, stehen für die Zukunft.
Wer im Alltag Zucker sagt, meint meistens Saccharose, auch Haushaltszucker oder Kristallzucker genannt. Der süße weiße Stoff, der das Naschen so unwiderstehlich macht, war in Europa vor 500 Jahren noch ein Luxusgut für Kaiser und Könige. Zwischen 1690 und 1790 wurden dann schon 12 Millionen Tonnen Rohrzucker nach Europa importiert. Heute verbrauchen die Europäer diese Zuckermenge in weniger als einem Jahr.
Früher stammte Zucker aus dem Zuckerrohr der Kolonien. Der Anbau und die Zuckergewinnung waren daher eng mit der Ausbeutung und Versklavung von meinst afrikanischen Menschen verbunden. Mit der Zuckerrübe erschloss sich dann eine neue Quelle aus eigener Produktion. Die wissenschaftlichen Grundlagen für die Züchtung der Zuckerrübe wurden ab Mitte des 18. Jahrhunderts von den Chemikern Andreas Sigismund Marggraf und Franz Carl Achard in Berlin gelegt.
„Alles Zucker!“ erläutert den Besucherinnen und Besuchern, wie diese züchterische Innovation eine ökonomische Revolution in der Landwirtschaft ausgelöst hat. Schon Ende des 19. Jahrhunderts war Rübenzucker der wichtigste Exportartikel des Deutschen Reiches. In der Ausstellung werden unter anderem die Geräte gezeigt, die das möglich gemacht haben – vom Rübenköpfschlitten über den Furchenzieher bis hin zum modernen Rübenvollernter in Ferrarirot.
Aber es landet nicht nur der Haushaltszucker in unseren Mägen. Tatsächlich gibt es eine Unzahl verschiedener Zuckermoleküle, die sich auch zu komplexen Ketten zusammenschießen können. Zellulose und Chitin kommen in der Natur in Massen vor, selbst in unseren Körpern sind verschiedenste Zuckerverbindungen Bestandteil lebenswichtiger Strukturen bis hin zur DNS. Die Welt isst Zucker und die Welt ist Zucker.
Der Vielfachzucker Zellulose ist das Baumaterial der Pflanzen und wird vom Menschen zum Beispiel in Form von Holz seit Jahrtausenden als Bau- und Brennstoff genutzt. Auch die frühen Kunststoffe wie das Zelluloid, auf dem das Kino noch bis vor Kurzem seine Filmgeschichten bannte, haben Zuckerkettenmoleküle als Grundstoff. Die Zukunft sind abbaubare Kunststoffe, deren Rohstoff ebenfalls zumeist Zuckermoleküle sind.
Zucker entsteht in der Photosynthese und enthält sozusagen gespeicherte Sonnenenergie. Diese Energie lässt sich technisch nutzen. Alle Bioenergieformen gehen letztlich auf Zucker zurück.
Am bekanntesten ist die Vergärung zum Alkohol Ethanol, den wir als zehnprozentigen Zusatz im Benzin (E10) von der Tankstelle kennen. Aber auch zu anderen Bioenergieträgern wie Biogas oder -diesel erklärt die Ausstellung den Zuckerbezug. Die zahlreichen Zuckerstrukturen in den Zellen und Proteinen unseres Körpers bieten neue Ansatzpunkte für die Medizin.
Der Panzer dieser Japanischen Riesenkrabbe (Macrocheira kaempferi) besteht aus dem Zuckerkettenmolekül Chitin. Sie ist die größte Krebsart der Welt. Die Tiere leben in 300 bis 400 Meter Tiefe im Pazifik rund um Japan. Das Chitin ist ein entscheidender Bestandteil ihres Außenskeletts. Das gilt für alle Gliederfüßler, zu denen neben Krebsen auch Spinnen und Insekten gehören.
undatiert
Dieses Sichelmesser erhielt eine junge Frau 1926 von einem Schmiedemeister als Hochzeitsgeschenk. Mit der Sichel befreiten die Erntearbeiterinnen die Rüben nach dem Roden von Erdklumpen und schnitten dann den Rübenkopf und die Blätter ab. Diese Sichel war mindestens 26 Jahre lang im Einsatz. Trotzdem musste die sich zur Spitze verjüngende, nach innen gewölbte Klinge nie geschärft werden. Dafür sorgte alleine die Benutzung.
1926, Schenkung: Wilhelm Barte
Professor Peter Seeberger hat am Massachusetts Institute of Technology ein Gerät entwickelt, mit dem sich gezielt Zuckerketten aus einzelnen Molekülen zusammensetzen lassen: einen Oligosaccharid-Synthesizer. Diese Zuckerketten können Mediziner bei der Bekämpfung von Krankheiten nutzen. Der Prototyp des Geräts, das inzwischen in alle Welt exportiert wird, steht in der Ausstellung „Alles Zucker!“ des Deutschen Technikmuseums.
2006, Leihgabe: Max-Planck-Gesellschaft
Ein historischer Moment: Franz Carl Achard, Chemiker an der Berliner Akademie der Wissenschaften, überreicht dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. den ersten Rübenzucker. Die Begegnung, die das Gemälde von Clara E. Fischer zeigt, hat jedoch nie stattgefunden. Der König erhielt 1798 von anderer Stelle eine Zuckerprobe, die Achard in der Berlinischen Zuckersiederey Compagnie hatte raffinieren lassen. Daraufhin finanzierte der Monarch dem Zuckerforscher den Bau der ersten Rübenzuckerfabrik in Cunern/Schlesien.
Clara E. Fischer, 1903