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An der Eisenbahn wird es besonders deutlich: Technikgeschichte ist zugleich menschliche Alltagsgeschichte. Das Deutsche Technikmuseum zeigt in seiner Ausstellung „Züge, Loks und Leute“ die Geschichte eindrucksvoller Fahrzeuge und aller, die mit der Bahn zu tun hatten.
Die neue Dauerausstellung Schienenverkehr ist unter dem Titel „Eisenbahn: Revolution und Alltag“ wieder eröffnet. In den historischen Lokschuppen gliedern jetzt farbige Ausstellungsinseln den Rundgang. Medieninstallationen und Mitmach-Stationen laden zum Entdecken ein, die Geschichte zentraler Objekte wird in Zeichentrickfilmen vermittelt. Im nun vollendeten ersten Bauabschnitt der Ausstellungs-Überarbeitung wird auf 1.700 Quadratmetern die Zeit von den Anfängen der Eisenbahn vor 200 Jahren bis 1914 darstellt. Dabei wird gezeigt, wie der Schienenverkehr das Leben aller Menschen grundlegend und für immer veränderte. So hat die Eisenbahn beispielsweise große Migrationsbewegungen ermöglicht und die Zeitzonen geschaffen. Immer im Mittelpunkt steht die einmalige Sammlung des Museums, zu der unter anderem die älteste erhaltene Straßenbahn gehört: ein Berliner Pferdebahnwagen von 1865.
Gefördert mit Mitteln der Lotto-Stiftung Berlin.
Der Anhalter Bahnhof war der größte der legendären Berliner Kopfbahnhöfe der Vorkriegszeit. Sein monumentales Empfangsgebäude wurde nach Kriegsschäden gesprengt – bis auf ein kleines Fragment am Askanischen Platz. Weitere Bauteile sind heute im Deutschen Technikmuseum erhalten, etwa das so genannte Fürstenportal, das einst in den Warteraum für „Höchste und allerhöchste Herrschaften“ führte. Heute ist das Portal der Auftakt zu den beiden historischen Lokschuppen von 1874, in denen das Museum auf 6.000 Quadratmetern 150 Jahre deutscher Eisenbahngeschichte präsentiert. Die Lokschuppen mit ihren jeweils im Freien davor liegenden Drehscheiben stellen somit das größte Ausstellungsstück dar und erinnern an die aufwändige Infrastruktur, die nötig war, um das System Eisenbahn zu betreiben.
Kern der Ausstellung sind mehr als 40 originale Schienenfahrzeuge, die zum Teil noch den Geruch von Ruß und Öl verströmen. Darüber hinaus werden einmalige, hochdetaillierte Modelle von Wagen und Loks im Maßstab 1:5 gezeigt, die um 1900 als Gesellenstücke angefertigt wurden. Beides ist eingebettet in eine Vielzahl von Objekten, die verdeutlichen, wie Menschen mit der und für die Eisenbahn lebten: Wagenabteile, Reiseandenken, Uniformen, Speisewagengeschirr, Koffer, Fahrkarten, Spielzeugbahnen.
Der chronologische Rundgang führt von den Vorläufern der Eisenbahn im 18. Jahrhundert über den offenen Personenwagen von 1843 – einer der ältesten weltweit erhaltenen – bis hin zu den Lokomotiven und Wagen des westdeutschen Wirtschaftswunders und der DDR. Wer möchte, kann unter einer Lok hindurchgehen oder auf einen Führerstand klettern und einmal im Leben Lokomotivführer spielen.
Die Geschichte der deutschen Eisenbahn ist eng mit den Entwicklungen in Gesellschaft und Politik verknüpft. Diese Bezüge werden in der Ausstellung besonders anschaulich durch die Verbindung zu bestimmten Personen aufgezeigt. So gibt der Salonwagen Wilhelms II. eine gute Vorstellung davon, was es mit seinem Spottnamen „Reisekaiser“ auf sich hatte. Otto von Bismarck steht für die heftige Auseinandersetzung um die einheitliche deutsche Reichseisenbahn, wie sie in den 1870er Jahren geführt wurde.
Auch an den Holocaust wird in der Ausstellung erinnert: und zwar speziell an die entscheidende Rolle der Deutschen Reichsbahn bei der Ermordung europäischer Juden im „Dritten Reich“. Ein Güterwagen steht als Symbol für die Deportationen im Zentrum der Ausstellungseinheit „Judendeportationen“, die zwölf Berliner Einzelschicksale präsentiert und Bilder, Landkarten und Fahrpläne zeigt.
Das Museum verfügt über eine einzigartige Sammlung von historischen Eisenbahnmodellen im Maßstab 1:5, die um die Jahrhundertwende hergestellt wurden. Jedes Türschloss, jede Niete, jedes Waschbecken ist originalgetreu nachgebildet – von der Dampflok bis zum Leichenwagen. Die Innenräume wurden nun mit 360-Grad-Kameras digitalisiert. Ab sofort kann jeder und jede eine virtuelle Zeitreise durch die Welt der Eisenbahn um 1900 unternehmen – in 360-Grad-Touren mit literarischer Tonspur. Entdecken Sie die Digital Story „Nächster Halt: 1900!” auf der Plattform Google Arts & Culture!
Der originale Personenwagen der privat betriebenen Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn von 1843 ist eines der ganz wenigen erhaltenen Fahrzeuge aus der Anfangszeit der Eisenbahn und eine besondere Rarität. Der Wagen zeigt, wie schnell deutsche Hersteller sich vom Vorbild des Kutschenbaus lösten und bahnspezifische Konstruktionen entwickelten. Mit seiner offenen Bauweise ohne jeden Wetterschutz ist er Zeugnis der ausgeprägten sozialen Staffelung unter den Reisenden dieser Zeit.
1843
Die preußische Heißdampflokomotive S 10 ist eines der spektakulärsten Exponate in der Eisenbahnsammlung. Zwischen 1910 und 1914 wurden insgesamt 202 Lokomotiven dieser Baureihe gebaut. Die robusten Loks prägten bis in die 1930er Jahre den Fernverkehr auf vielen von Berlin ausgehenden Strecken und im norddeutschen Flachland. 1934 außer Dienst gestellt, wurde unser Exemplar einseitig im Bereich von Kessel, Zylindern und Führerhaus aufgeschnitten, um die Funktionsweise einer Dampflokomotive zu zeigen.
Berliner Maschinen AG, 1911
Der zunehmende Auto- und Flugverkehr setzte in den 1930er Jahren die Bahn in Europa und den USA unter Druck. Als Reaktion darauf wurden Schienenfahrzeuge für höhere Geschwindigkeiten entwickelt. Oft erhielten diese eine Stromlinienverkleidung, mit der die Aerodynamik verbessert, aber auch Geschwindigkeit und Modernität ästhetisch vermittelt wurde. Die Stromlinienlok E 19 01 war mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 180 Stundenkilometern die schnellste Elektrolokomotive der Deutschen Reichsbahn. Wie in den 1930er Jahren trägt sie an der Stirnseite einen plastischen Adler mit Hakenkreuz, um zu zeigen, wie technische Höchstleistungen durch das nationalsozialistische Regime instrumentalisiert wurden.
AEG, 1938
Am Ende von Lokschuppen I steht eine verölte, ausgeschlachtete Dampflokomotive der Baureihe P 8 aus dem Jahr 1919. Die P 8 war sehr vielseitig verwendbar. Sie fand bis auf den schweren Schnell- und Güterzugdienst vor fast jedem Zug Verwendung. Die Bahnverwaltungen konnten auf diese Maschinen sehr lange Zeit nicht verzichten, deshalb wurden die letzten P 8 bei der Deutschen Reichsbahn 1972 und bei der Deutschen Bundesbahn erst 1974 ausgemustert.
Schichau-Werke, 1919