Nahaufnahme von großen, rot gestrichenen Rädern einer historischen Lokomotive.

Eisenbahn

An der Eisenbahn wird es besonders deutlich: Technikgeschichte ist zugleich menschliche Alltagsgeschichte. Das Deutsche Technikmuseum zeigt in seiner Dauerausstellung zum Schienenverkehr die Geschichte eindrucksvoller Fahrzeuge und aller, die mit der Bahn zu tun hatten.

Revolution und Alltag

Zwei Frauen laufen von rechts nach links durch das Bild. Rechts hinter ihnen ist der Bogen eines alten Portals erkennbar. Direkt hinter ihnen befindet sich eine Wand, die mit einer rot eingefärbten Fotografie des Anhalter Bahnhofs bedruckt ist. Links in diesem Foto befindet sich ein Textfeld mit der Aufschrift: „Eisenbahn: Revolution und Alltag“.
Im Eingangsbereich zur Dauerausstellung „Eisenbahn: Revolution und Alltag“ steht das originale Fürstenportal des Anhalter Bahnhofs direkt neben einer großformatigen historischen Aufnahme dieses legendären und größten Fernbahnhofs Berlins im 19. Jahrhundert.
SDTB / Ériver Hijano

Die neue Dauerausstellung „Eisenbahn: Revolution und Alltag“ zeigt, wie dieses Verkehrsmittel das Leben der Menschen grundlegend veränderte. So hat die Eisenbahn große Migrationsbewegungen ermöglicht und die Zeitzonen geschaffen. Im Mittelpunkt steht die einmalige Sammlung des Museums. Dazu gehört die älteste erhaltene Straßenbahn: ein Berliner Pferdebahnwagen von 1865.

Im historischen Lokschuppen I gliedern jetzt farbige Ausstellungsinseln den Rundgang. Medieninstallationen und Mitmach-Stationen laden zum Entdecken ein, die Geschichte zentraler Objekte wird in Zeichentrickfilmen vermittelt. Im 2024 wiedereröffneten Teil der Dauerausstellung wird die Zeit von den Anfängen der Eisenbahn vor 200 Jahren bis 1914 darstellt. Bald soll auch der Rest der Ausstellung überarbeitet und bis in die Gegenwart und Zukunft des Schienenverkehrs führen.

Gefördert mit Mitteln der Lotto-Stiftung Berlin.

Wie die Eisenbahn die Gesellschaft in Bewegung brachte

Der Anhalter Bahnhof war der größte der legendären Berliner Kopfbahnhöfe der Vorkriegszeit. Sein monumentales Empfangsgebäude wurde nach Kriegsschäden gesprengt – bis auf ein kleines Fragment am Askanischen Platz. Weitere Bauteile sind heute im Deutschen Technikmuseum erhalten, etwa das so genannte Fürstenportal, das einst in den Warteraum für „Höchste und allerhöchste Herrschaften“ führte. Heute ist das Portal der Auftakt zu den beiden historischen Lokschuppen von 1874, in denen das Museum auf 6.000 Quadratmetern 150 Jahre deutscher Eisenbahngeschichte präsentiert. Die Lokschuppen mit ihren jeweils im Freien davor liegenden Drehscheiben stellen somit das größte Ausstellungsstück dar und erinnern an die aufwändige Infrastruktur, die nötig war, um das System Eisenbahn zu betreiben.

Zwei große, grün angelaufene Bronze Figuren stehen links und rechts. Zwischen Ihnen steht eine große Uhr.
Die Skulpturen „Tag“ und „Nacht“ des Bildhauers Ludwig Brunow (1843-1913) befanden sich einst über dem Haupteingang des Anhalter Bahnhofs. Heute können die restaurierten Galvanoplastiken von den Besucherinnen und Besucher bewundert werden.
SDTB / É. Hijano

Der Geruch von Ruß und Öl

Kern der Ausstellung sind 40 originale Schienenfahrzeuge, die noch den Geruch von Ruß und Öl verströmen. Darüber hinaus werden einmalige, hochdetaillierte Modelle von Wagen und Loks im Maßstab 1:5 gezeigt, die um 1900 als Gesellenstücke angefertigt wurden. Beides ist eingebettet in eine Vielzahl von Objekten, die verdeutlichen, wie Menschen mit der Eisenbahn lebten: Wagenabteile, Reiseandenken, Speisewagengeschirr, Koffer, Fahrkarten.

Der Rundgang führt von den Vorläufern der Eisenbahn im 18. Jahrhundert über den offenen Personenwagen von 1843 – einer der ältesten weltweit erhaltenen – bis hin zu den Loks des westdeutschen Wirtschaftswunders und der DDR. Wer möchte, kann sogar unter einer Lok hindurchgehen! Auch Mitmachen ist möglich: Kinder können den Nachbau eines 400 Jahre alten Grubenhunts schieben und zu zweit lässt sich ausprobieren, wie schwer es beim Gleisbau ist, ein Stück Schiene anzuheben.

Eine Lokomotive mit der Aufschrift „Beuth“ steht auf Gleisen in einem Lokschuppen. Eine weinrote Ausstellungsinsel trägt den Titel „Kopfarbeit vs. Knochenjob“.
Die Ausstellung befindet sich an einem besonderen Ort: in den Lokschuppen, die einst zum legendären Anhalter Bahnhof gehörten. Ein verglaster Gang im Lokschuppen gibt den Blick frei auf das Außengelände des Museums, die Drehscheibe und die Vegetation im Museumspark.
SDTB / Ériver Hijano

Der „Reisekaiser“ Wilhelm II.

Die Geschichte der deutschen Eisenbahn ist eng mit den Entwicklungen in Gesellschaft und Politik verknüpft. Diese Bezüge werden in der Ausstellung besonders anschaulich durch die Verbindung zu bestimmten Personen aufgezeigt. So gibt der Salonwagen Wilhelms II. eine gute Vorstellung davon, was es mit seinem Spottnamen „Reisekaiser“ auf sich hatte. Otto von Bismarck steht für die heftige Auseinandersetzung um die einheitliche deutsche Reichseisenbahn, wie sie in den 1870er Jahren geführt wurde.

Mit der Reichsbahn in den Tod

Blick auf einen alten braunen Güterwagen mit Holzaufbau. Auf den Seiten sind Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus Konzentrationslagern zu sehen.
Ein Güterwagen in der Ausstellung erinnert an die Beteiligung der Deutschen Reichsbahn am Holocaust.
SDTB / C. Kirchner

Auch an den Holocaust wird in der Ausstellung erinnert: und zwar speziell an die entscheidende Rolle der Deutschen Reichsbahn bei der Ermordung europäischer Juden im „Dritten Reich“. Ein Güterwagen steht als Symbol für die Deportationen im Zentrum der Ausstellungseinheit „Judendeportationen“, die zwölf Berliner Einzelschicksale präsentiert und Bilder, Landkarten und Fahrpläne zeigt.

„Nächster Halt: 1900!“

Ein kleiner Junge schaut durch ein Fenster in ein Modell eines Eisenbahnwaggons.
Dreizehn Zugmodelle im Maßstab 1:5 des Deutschen Technikmuseums in Berlin wurden für das Projekt mit 360-Grad-Kameras digital abfotografiert und sind nun auf Google Arts & Culture zugänglich.
SDTB / C. Kirchner

Das Museum verfügt über eine einzigartige Sammlung von historischen Eisenbahnmodellen im Maßstab 1:5, die um die Jahrhundertwende hergestellt wurden. Jedes Türschloss, jede Niete, jedes Waschbecken ist originalgetreu nachgebildet – von der Dampflok bis zum Leichenwagen. Die Innenräume wurden nun mit 360-Grad-Kameras digitalisiert. Ab sofort kann jeder und jede eine virtuelle Zeitreise durch die Welt der Eisenbahn um 1900 unternehmen – in 360-Grad-Touren mit literarischer Tonspur. Entdecken Sie die Digital Story „Nächster Halt: 1900!” auf der Plattform Google Arts & Culture!

Highlights

Der offene Personenwagen aus Holz fährt auf Schienen und ähnelt einer Kutsche. Der Wagen besitzt kein Dach. Er ist grün gestrichen und trägt vorn die Nummer 41. Auf der Seite steht der Schriftzug B.F.E.
SDTB / C. Kirchner

Offener Personenwagen, 3. Klasse

Der originale Personenwagen der privat betriebenen Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn von 1843 ist eines der ganz wenigen erhaltenen Fahrzeuge aus der Anfangszeit der Eisenbahn und eine besondere Rarität. Der Wagen zeigt, wie schnell deutsche Hersteller sich vom Vorbild des Kutschenbaus lösten und bahnspezifische Konstruktionen entwickelten. Mit seiner offenen Bauweise ohne jeden Wetterschutz ist er Zeugnis der ausgeprägten sozialen Staffelung unter den Reisenden dieser Zeit.

1843

Ein historischer Pferdebahnwagen mit zwei davor angespannten Pferde-Attrappen.
SDTB / Ériver Hijano

Pferdebahnwagen

Neu in der Ausstellung und ein echter Hingucker ist ein doppelstöckiger Pferdebahnwagen von 1865. Er erinnert daran, dass Berlin bis 1900 im Stadtverkehr über ein hundert Kilometer langes Schienennetz verfügte. Dabei wurde der damals hochmoderne, geringe Rollwiderstand der Schiene mit dem jahrtausendealten Antrieb durch „Pferdestärken“ kombiniert. Zwei vor dem Wagen angespannte Pferde-Attrappen machen die Ausstellungs-Inszenierung besonders lebendig.

Firma Lauenstein (Hamburg), 1865

Seitenansicht einer preußische Dampflok S10, Dampfmaschine, Fahrwerk mit Rädern und Gestänge sind im Detail zu erkennen.
SDTB / C. Kirchner

Preußische Dampflok S 10

Die preußische Heißdampflokomotive S 10 ist eines der spektakulärsten Exponate in der Eisenbahnsammlung. Zwischen 1910 und 1914 wurden insgesamt 202 Lokomotiven dieser Baureihe gebaut. Die robusten Loks prägten bis in die 1930er Jahre den Fernverkehr auf vielen von Berlin ausgehenden Strecken und im norddeutschen Flachland. 1934 außer Dienst gestellt, wurde unser Exemplar einseitig im Bereich von Kessel, Zylindern und Führerhaus aufgeschnitten, um die Funktionsweise einer Dampflokomotive zu zeigen.

Berliner Maschinen AG, 1911

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SDTB / C. Kirchner

Stromlinien-E-Lok E 19

Der zunehmende Auto- und Flugverkehr setzte in den 1930er Jahren die Bahn in Europa und den USA unter Druck. Als Reaktion darauf wurden Schienenfahrzeuge für höhere Geschwindigkeiten entwickelt. Oft erhielten diese eine Stromlinienverkleidung, mit der die Aerodynamik verbessert, aber auch Geschwindigkeit und Modernität ästhetisch vermittelt wurde. Die Stromlinienlok E 19 01 war mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 180 Stundenkilometern die schnellste Elektrolokomotive der Deutschen Reichsbahn. Wie in den 1930er Jahren trägt sie an der Stirnseite einen plastischen Adler mit Hakenkreuz, um zu zeigen, wie technische Höchstleistungen durch das nationalsozialistische Regime instrumentalisiert wurden.

AEG, 1938

Blick in die Schienenverkehrs-Ausstellung im historischen Lokschuppen: Drei rote Dieselloks und zwei Abteilwagen stehen auf Schienen nebeneinander aufgereiht.

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