Verborgene Strukturen
Das Deutsche Technikmuseum zeigt vom 13. November 2019 bis zum 31. Januar 2021 die Fotoausstellung „Verborgene Strukturen. Eine fotografische Reise in die Welt der Textilien“ mit Fotos von Heiner Büld.
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Pressemitteilung
Verborgene Strukturen.
Eine fotografische Reise in die Welt der Textilien
Sonderausstellung im Deutschen Technikmuseum
Laufzeit: 13. November 2019 bis 31. Januar 2021
Whipcord, Häkelstab oder Madras: Diese Gewebearten sind wie viele andere heute völlig in Vergessenheit geraten. Doch zur Hochzeit der industriellen Fertigung von Textilien zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es Tausende verschiedener Arten von Stoffen. Einige davon vorzustellen ist Ziel einer neuen Sonderausstellung im Deutschen Technikmuseum.
Ab dem 13. November 2019 präsentiert das Berliner Museum die Ausstellung „Verborgene Strukturen. Eine fotografische Reise in die Welt der Textilien“. Kern der Ausstellung bildet eine Auswahl historischer Stoffmuster der Sammlung Wieland Poser, die zwischen 1880 und 1937 industriell gewebt wurden und heute größtenteils nicht mehr herstellbar sind.
Die Ausstellung würdigt die verlorene Vielfalt der Stoffe in besonderer Weise: Hochauflösende Detailfotografien machen die auf den ersten Blick nicht erkennbaren Strukturen sichtbar und offenbaren so die ganz eigene Ästhetik der Gewebe. Ein hochmoderner Multi-Touch-Tisch mit einer interaktiven Anwendung lädt zudem zur individuellen Entdeckungsreise in die Welt der Textilien ein.
Faszination der textilen Strukturen
Die Ausstellung vereint den künstlerischen und den technischen Blick auf das Material Textil.
Die 20 kleinformatigen Stoffmuster werden jeweils mit einer hochauflösenden Detailfotografie des Berliner Fotografen Heiner Büld kombiniert. Auf großformatigen Wandpaneelen präsentiert, ergibt sich so ein besonderes Zusammenspiel von Original und Vergrößerung. Der dabei entstehende Blick in die Strukturen der Textilien offenbart die ganz eigene Ästhetik der Gewebe und zeigt den Zusammenhang zwischen Stoff, Bindung und Herstellungstechnik.
Neben verbreiteteren Gewebearten wie Gobelin, Popeline und Kattun werden auch heute gänzlich unbekannte Qualitäten wie Whipcord, Häkelstab- und Madrasgewebe vorgestellt. Die originalen Stoffmuster beeindrucken aufgrund der Materialvielfalt und ihrer oft komplexen Struktur und Farbgebung: Der Bogen spannt sich von durchscheinenden Strukturstoffen aus Wolle oder Leinen über ein Seidenbandgewebe mit einem Farbverlauf in feinsten Nuancen bis zum modern anmutenden Stoff aus lilafarbener Gummilitze. Einige Stoffe scheinen bestickt oder zusätzlich verziert zu sein, tatsächlich entstanden die jeweiligen Muster allein durch verschiedene Webtechniken.
Die Stoffmuster-Sammlung von Wieland Poser
Die Stoffmuster entstammen der Sammlung von Professor Wieland Poser, der bis 2006 an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale als Professor für Modedesign/Textil tätig war. Seit den 1970er Jahren widmet er sich dem Thema textiler Gewebe. Ziel seiner Sammlung war es, ein lexikalisches Werk der Gewebearten aus der Zeit zwischen 1880 und 1937 mit dazugehörigen Stoffproben anzulegen.
Seine Recherche ergab über 2.000 mit Produktnamen versehene Gewebearten – eine vollständige Sammlung entsprechender Proben war nicht möglich. Poser konnte jedoch mehrere hundert Stoffmuster, oft nur wenige Zentimeter groß, zusammentragen. 2016 übergab er seine Sammlung dem Deutschen Technikmuseum, die dann in Kooperation mit der HTW Berlin digitalisiert und inventarisiert wurde.
Interaktiver Multi-Touch-Tisch mit Lupen-Anwendung
Ein Multi-Touch-Tisch der Berliner Firma Interactive Scape GmbH lädt dazu ein, hochwertige Digitalisate fünf ausgewählter Stoffproben noch eingehender zu erkunden. Frei auf dem Tisch platzierbare High Tech-Lupen ermöglichen das Hineinzoomen in die Muster durch intuitives Drehen. Die Besucherinnen und Besucher bestimmen selbst, welchen Bildausschnitt sie betrachten wollen, und entdecken so immer neue Details: unterschiedliche Webtechniken und Materialien, natürliche Gebrauchsspuren und Verfärbungen, lose Fäden und vieles mehr.
Rationalisierung führt zum Verlust der Vielfalt
Das Weben von Stoffen zählt zu den ältesten textilen Herstellungstechniken. Die Mechanisierung der Webstühle im Großbritannien des 18. Jahrhunderts bildete den Ausgangspunkt der industriellen Revolution. Die Arbeit verlagerte sich von Heimarbeit und Manufakturen zur Massenproduktion in Fabriken. Zur Hochzeit der industriellen Fertigung von Textilien zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es tausende verschiedener Arten von Stoffen für sehr unterschiedliche Verwendungszwecke. Durch Rationalisierungen in der Textilindustrie ab den 1930er Jahren verschwand die Vielfalt der textilen Gestaltungsmöglichkeiten. Heute ist das Wissen um die Herstellungsverfahren größtenteils verloren gegangen. Auch die Webstühle, auf denen die Gewebe produziert wurden, existieren schon lange nicht mehr.
Der Fotograf Heiner Büld
Heiner Büld studierte Sinologie, Philosophie und Jura an der Freien Universität Berlin, bevor er an der Hochschule der Künste Berlin (heute UdK) als wissenschaftlich-künstlerischer Mitarbeiter tätig war. Er baute den Bereich „Kunst und Medien“ an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale mit auf und ist heute freiberuflicher Fotograf. Seine Fotos erfassen die Textilien in ihrer natürlichen Dreidimensionalität. Dies erfordert nicht nur technisches Geschick im mikroskopischen Umgang mit Kamera, Objekt und Licht, sondern auch die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung. Heiner Büld lebt und arbeitet in Berlin.